11.10.2020

 

"Wegen Corona!"

 

Das ist dieses Jahr die Erklärung für einfach alles!

 

Hoffentlich haben wir bald einen Impfstoff gegen die Pandemie!

 

Schon im Januar, als der Ausbruch in China bekannt wurde, dachte ich mir, dass wir dieses Mal nicht so glimpflich davonkommen würden, wie mit Ebola. Tatsächlich breitete sich das Virus dann schnell aus und nach Meldungen aus Italien kam es zu ersten Fällen in Deutschland, die rasch mehr wurden.

 

Ich bestellte mir recht früh und deshalb noch bezahlbare Masken übers Internet und hatte Glück, in der Apotheke noch Desinfektionsmittel zu ergattern. Kurze Zeit später stiegen die Preise ins Unendliche. Mir war gleich klar, dass die Aussage, Masken und Desinfektionsmittel würden nicht helfen nur Aufgrund dessen geäußert wurde, dass diese Dinge kaum noch zu bekommen waren.

 

Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, in denen man sich in den Hauptverkehrszeiten fühlt wie eine Ölsardine in der Dose, erschien mir wie Russisches Roulette, genauso wie die Arbeit in der Werkstätte, wo die Kollegen absolut nicht aufpassten. 

Ich glaube, es war dann Ende März, als der Lockdown kam. Es wurde uns mitgeteilt, dass die Werkstätte auf unbestimmte Zeit für die Beschäftigten geschlossen würde. Nur die Gruppenleiter würden weiterarbeiten. Unseren Lohn würden wir weiterhin bekommen. 

 

Für mich war die Zeit des Lockdowns gar nicht so schlimm, denn ich bin es eh gewohnt, viel alleine zu sein und kaum wegzugehen. Finanzielle Einschränkungen hatte ich auch nicht. Als dann die Stimmen aus der Presse und dem Internet immer lauter wurden, man solle Stoffmasken nähen, begann ich erst mal für mich zu nähen, dann aber in Massenproduktion zu gehen. Ich hatte noch jede Menge Baumwollwebwarenstoff, der eigentlich für meine Patchworkdecke geplant war und bestellte auch noch Reststoffe bei Ebay.

 

Ich versorgte meine Familie, Freunde und Bekannte damit. Manche hatte ich vorher Ewigkeiten nicht gesehen... Anfangs dachte ich, ich könnte vielleicht Gewinn damit machen, aber ich wollte keine unverschämten Preise verlangen und die Nasenbügel, Stoffe und Gummibänder waren in dieser Zeit auch extrem teuer, wenn man überhaupt etwas bekommen konnte. Jedenfalls kam ich bis zum jetzigen Zeitpunkt mit meinen Einnahmen gerade so hin, um die Kosten auszugleichen.

 

Ansonsten machte ich fast täglich einen Spaziergang im Wald und ging einmal die Woche einkaufen. Das Wetter war die ganze Zeit wunderschön. Kaum einmal Regen! Ein wunderschöner Frühling und Sommer!

 

Selbst meine Mutter besuchte ich Anfangs nicht. Einerseits um sie nicht anzustecken, andererseits aber auch, weil mein Bruder, der ja Rettungssanitäter ist und im selben Haus wie meine Mutter wohnt, ein hohes Risiko hatte, sich und die Familie anzustecken. Seine Frau war in dieser Zeit schwanger. 

 

An einem Donnerstagnachmittag, ganz am Anfang des Lockdowns, hatte meine männliche Stimme gesagt: "Heute Abend sollten diese oder jene Kinder wohl besser um 8 Uhr im Bett liegen!" Ich dachte mir gleich, dass da endgültig die Katastrophe im Gange wäre und das vielleicht in den Nachrichten kommen würde.

 

Als dann in den 20 Uhr Nachrichten die Bilder von den Militärfahrzeugen in Italien kamen, die die vielen Coronatoten in die Krematorien fuhren, bekam ich schlimme Angstzustände.

 

In genau dieser Nacht wurde bei mir im Haus gegenüber auch noch vom Krankenwagen eine alte Frau abgeholt. Die Sanitäter waren in voller Montur mit Schutzmasken. Ich konnte die ganze Nacht nicht mehr schlafen und hatte schreckliches Herzklopfen und Angstzustände.

 

Als es bis Nachmittags am nächsten Tag nicht besser wurde, wollte ich in die Apotheke, um mir was zur Beruhigung zu holen. Ich erklärte der Apothekerin was los war, musste dabei aber weinen.

 

Da sie mich kannte und von meinem psychischen Problemen wusste, rief sie in meiner Hausarztpraxis an, die nur 10 Gehminuten entfernt liegt, ob ich vorbeikommen könnte. Das war Freitagnachmittags, aber ich hatte Glück und konnte noch hingehen. Die Ärztin verschrieb mir Oxazepam als Bedarf, damit ich wenigstens wieder schlafen könnte. Sie meinte aber, dass das mit dem Virus vielleicht noch schlimmer werden würde, viele Menschen sterben würden und viele Leute jetzt solche Probleme wie ich hätten.

 

Das Gespräch half mir aber trotzdem. Glücklicherweise kam ich dann doch ohne das Medikament aus. Ich hatte zwar immer noch Angst, aber da das normal zu sein schien, ging es einigermaßen. 

 

Ich glaube, im Mai flauten die Zahlen so weit ab, dass wir wir dann wieder mit Einschränkungen arbeiten durften. Allerdings wurden wir in Schichten aufgeteilt. Die Hälfte der Leute arbeitete Morgens und die andere Hälfte Nachmittags. Risikopatienten mussten nicht zur Arbeit kommen. Das ist bis jetzt so, außer dass die Leute im Berufsbildungsbereich ganztags arbeiten müssen.

 

Die einzelnen Arbeitsplätze sind gekennzeichnet und sobald man sich vom Abeitsplatz weg bewegt, muss man die Maske aufsetzen. Zum Arbeitsbeginn muss man anstehen um sich die Hände zu waschen und anschließend zu desinfizieren. In die Umkleide und ins Klo dürfen jeweils nur zwei Personen. In der Kantine sind die Sitzplätze voneinander durch Plexiglas abgetrennt. Die einzelnen Gruppen dürfen sich nicht treffen, was allerdings an der Bushaltestelle vor der Werkstätte schon mal nicht funktioniert. Es muss regelmäßig gelüftet werden. Zum Arbeitsende müssen die Arbeitsplätze desinfiziert werden.

 

So läuft das jetzt schon die ganze Zeit. Glücklicherweise bekommen wir trotz einer Arbeitszeit von 50% bisher immer noch den vollen Lohn. Wir haben extrem viel Arbeit, was mir aber eigentlich Spaß macht, so lange es nicht zu chaotisch wird.

 

Eigentlich sollte jetzt langsam die Arbeitszeit wieder auf Vollzeit umgestellt werden, aber nun ist die zweite Welle massiv im anrollen und ich vermute, dass das nicht so klappen wird. Ich glaube, wir müssen schon froh sein, wenn es nicht zu einem zweiten Lockdown kommt...

 

Ich hatte viele meiner Masken nicht verkauft, weil ich Angst hatte, Probleme mit dem Finanzamt zu bekommen und verschenkte dann eine ganze Tüte voll, das waren bestimmt noch 50 Stück, an meine Kollegen...

 

Sorry, wenn die Zeitangaben des Lockdowns nicht genau stimmen, aber ich kann mir Daten nicht gut merken. Werde noch mal nachschauen und dann korrigieren...