Oma Berta

 

 Wenn meine Mutter keine Zeit hatte, war ich immer bei meiner Oma Berta. Sie war eine mittelgroße und kräftige Frau mit rotblonden Haaren, die sie immer zu einem Knoten gebunden hatte. Sie wohnte zusammen mit Opa Paul im Erdgeschoss des Hauses. Eigentlich war sie ja meine Stiefoma. Wir nannten sie immer Mudder und Vadder, genauso wie meine Mutter sie nannte. Ich hasste es, bei ihr zu essen, außer es gab Karthäuserklöse mit Weinsauce. Das schmeckte lecker.

 

Hier das Rezept:

 

Zutaten:

6 Brötchen, vom Vortag

2 Eier

1-2 EL Zucker

500 g Milch

1 gestrichener Teelöffel Zimt

Zucker, zum Bestäuben

Fett, zum Ausbacken

Zubereitung:

1. Die Rinde eines Brötchens mit einer Reibe abreiben, Weckmehl aufbewahren. Brötchen nun vierteln.

2. Eigelb, Zucker und Milch in einen Messbecher geben, 
1 Minute schaumig rühren.

3. In eine Schüssel umfüllen und die Brötchen kurz einweichen. Ausdrücken und zu Kugeln formen.

4. In dem aufgerührten Eiweiß wenden und mit den zurückbehaltenen Weckmehl panieren.

5. Fett in einer Pfanne schmelzen lassen, die Karthäuserklöse von allen Seiten goldbraun braten, in Zimt wälzen und mit Puderzucker bestäuben. Man kann auch gleich eine Zimt-Zuckermischung machen. Dafür allerdings weniger Zimt benutzen.

6. Für die Sauce ein heißes Wasserbad vorbereiten. Weißwein mit Zucker, Zitronensaft, Stärke und Eiern in einer Metallschüssel verquirlen und über dem heißen Wasser unter häufigem Rühren mit dem Schneebesen erhitzen, bis die Creme dick und schaumig wird. Die Masse darf auf keinen Fall zu heiß werden, sonst stocken die Eier! Wenn die Sauce zu binden beginnt, kräftig mit dem Schneebesen weiterschlagen, bis sie cremig genug ist. Dann die Schüssel kurz in kaltes Wasser stellen und weiterschlagen, damit die Sauce nicht nachgart.

 

Manchmal kam sie aber auch auf merkwürdige Ideen. Zum Beispiel wollte sie mir einmal rohe Eier einflößen. Sie fand das gesund. Ich fands eklig und flüchtete.

Manchmal beobachtete ich sie fasziniert, wie sie in der Küche beim Fenster an der Spüle vor dem Rasierspiegel saß und mit einem Schälmesser bewaffnet Haare an ihrem Kinn auszupfte. Ich kann mich an sie nur als alte Frau erinnern und sie war immer sehr herzlich zu uns Kindern. So lange es ihr gut ging, sang sie im Kirchenchor der evangelischen Kirche.

Sie überlebte Opa Paul um einige Jahre. Zum Schluss stürzte sie öfters und wurde auch ein wenig wunderlich. Wenn meine Eltern ein paar Tage wegfahren wollten, wurde sie grundsätzlich krank. Ich weiß nicht, ob sie das nur vorgab, damit sie nicht alleine bleiben musste. Meine Mutter pflegte sie bis zum Schluss, als sie alleine nicht mehr konnte.

 

Sie starb eines Nachts friedlich im Schlaf.