Frankreichurlaub

 

Da ich in der Zeit, wo ich die Hauswirtschaftsschule und das Berufskolleg besuchte, in den Ferien immer in einem Einkaufscenter jobbte, konnte ich es mir leisten auch mal wegzufahren. S. eine Freundin aus der Realschule, hatte gefragt ob ich keine Lust hätte, mitzukommen.

 

In den Sommerferien 1979 buchten wir eine zweiwöchige Jugendreise mit einem Reisebus nach Frankreich.

 

Zuerst ging es für drei Tage nach Paris, wo wir in einem total schmalen, aber sechs Stockwerke hohen Hotel in Fußnähe zur Kirche Sacre-Coeur untergebracht waren. Früh Morgens wurde man vom Zimmermädchen mit einem lauten Klopfen und dem Ruf „petit dèjeuner“ geweckt und bekam das Frühstück ans Bett gebracht. Einen Tisch gab es in dem Zimmer nicht und im Speisesaal gab es nur Abendessen.

 

Da alle Mitreisenden Jugendliche, etwa im selben Alter waren, schlossen sich schnell kleine Grüppchen zusammen, die die Stadt erkundeten. S. Und ich hatten uns mit zwei Mädchen aus Stuttgart zusammengetan. Die Reisebegleiter waren drei Studenten.

 

Es gab aber auch eine Stadtrundfahrt mit Besichtigungen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie Notre-Dame, dem Eiffeltum, dem Centre-Pompidou und dem Louvre.

 

Alleine fuhren wir mit der Metro zu dem riesigen Flohmarkt Porte-de-Clignancourt und wir besichtigten auch den Montparnasse mit den vielen Straßenmalern, Händlern, kleinen Bistros und Restaurants. Es war schwierig, sich in der Großstadt zurechtzufinden und wir konnten ja auch nur ein paar Brocken Französisch, aber es ging dann doch irgendwie.

 

In der Nähe unseres Hotels musste wohl ein Krankenhaus sein, denn man hörte ständig das Heulen der Martinshörner. Auch das Moulin-Rouge lag gerade um die Ecke. Für mich war das damals eine etwas fragwürdige Gegend.

 

Nach diesen drei Tagen fuhren wir nach Tours an der Loire, wo wir einige der berühmten Schlösser und eine Kellerei besichtigten. Es war Sommer und wir hatten eigentlich die ganze Zeit wunderschönes Wetter.

 

Dann fuhren wir weiter in die Bretagne, wo wir in Saint-Malo in einer Jugendherberge direkt hinter der Strandpromenade unterkamen. Wir bezogen mit den zwei anderen Mädchen ein Vierbettzimmer und unternahmen kleine Ausflüge in die Altstadt oder zum Strand, wo wir bei Flut baden konnten. Der Gezeitenhub beträgt dort fast 13 Meter. Unser Lieblingsgetränk war Cidré und unser Lieblingsgericht Crepes. Es gab viele kleine Lädchen, wo man schöne Souvenirs kaufen konnte.

 

 

Einmal waren wir spät Abends an der Strandpromenade unterwegs, als vom Meer her ein Gewitter aufzog. Es begann zu blitzen und zu donnern und plötzlich standen uns allen von der elektrischen Ladung in der Luft die Haare zu Berge. Wir rannten so schnell es ging, weil wir Angst hatten, von einem Blitz getroffen zu werden. Das Land war ja total flach. Als wir in der Jugendherberge ankamen, waren wir tropfnass.

 

Es gab mehrere Ausflüge mit dem Bus und einmal mit dem Schiff. Mit dem Schiff fuhren wir zur Ille-de-Cecembre, die im 2. Weltkrieg vollkommen mit Bunkern verbaut wurde und inzwischen von jeder Menge Seevögeln bevölkert und von der Natur zurückerobert worden war.

 

Der nächste Ausflug ging zum Cap-Frehel, das eine riesige Klippe ist, von der man aufs Meer hinausschauen kann. Überall nisteten Seevögel und auf den felsigen Hängen blühten jede Menge Blumen. Die meisten anderen trauten sich auf die Klippe hinaus, aber ich hatte schon vorher vor Augen, wie mich jemand aus Versehen schubst und ich dann hinunterstürze. Deshalb blieb ich lieber zurück.

 

 

Danach fuhren wir zum Mont-Saint-Michel, einem uralten Kloster, das auf einer vorgelagerten Insel an der Küste liegt. Nur bei Ebbe kann man es zu Fuß erreichen. Leider war es total überlaufen. Man musste sich durch die Menschenmassen quetschen. Aber ansonsten wäre die Klosterinsel sehr schön gewesen. Ich hatte die alte Kleinbildkamera dabei, die mir mein Vater geschenkt hatte und fotografierte sehr viel.

 

Am letzten Abend gab es im Jugendtreff des Ortes einen Ochsen am Spieß. S. und die anderen Mädchen hatten mit Jungs angebandelt und ich fühlte mich mal wieder wie das fünfte Rad am Wagen. Deshalb machte ich mich nach dem Essen spätabends die Strandpromenade entlang, alleine auf den Rückweg zur Jugendherberge. Wieder mal war mir nur noch zum heulen.

 

Ich bin zwar froh, dass ich auch heute noch die Bilder von damals habe, aber immer wird mir dieses üble Gefühl der Einsamkeit bleiben, das ich damals spürte. Ich war einfach anders als die anderen und das Schlimmste war, dass ich vermutete, manche könnten mich für lesbisch halten, weil ich nie einen Freund hatte.